Stimmt es, dass man nach 18 Uhr auf Nudeln, Pizza und Konsorten verzichten sollte? Wir bringen Licht ins Dunkel.
Es gibt immer wieder vermeintliche Ernährungsregeln, die sich tief in das kollektive Bewusstsein eingebrannt haben. Sie werden oft zitiert und ohne wirklich Überprüfung wiederholt.
Eine der bekanntesten dieser Ernährungssprüche ist die Sentenz „Nach 18 Uhr sollte man keine Kohlenhydrate mehr zu sich nehmen“. Aber ist das wirklich so? Machen Kohlenhydrate am Abend dick? Sorgen sie dafür, dass wir am Morgen schwerer aus dem Bett kommen?
Was sind Kohlenhydrate?
Zunächst eine kurze Exkursion in das Reich der Ernährungsphysiologie: Kohlenhydrate sind organische Makronährstoffe, die einen wichtigen Teil zur Energiegewinnung in den Zellen und generell zum gesamten Stoffwechsel in unseren Körper beitragen.
Sie werden unterteilt in einkettige (beispielsweise Haushaltszucker oder Fruchtzucker) und mehrkettige Kohlenhydrate (in Getreide etc.). Auch unsere Verdauung kommt in diesem Zusammenhang ins Spiel, da nur kurzkettige Kohlenhydrate vom Darm ins Blut übergehen können. Langkettige Kohlenhydrate müssen also zunächst aufgespalten werden.
Um der 18-Uhr-Frage auf den Grund zu gehen möchten wir an dieser Stelle zwei Thesen betrachten, die sich auf zwei grundlegende Effekte von Kohlenhydraten im menschlichen Körper beziehen.
1. These: Kohlenhydrate lassen den Insulinspiegel steigen und hemmen somit die Fettverbrennung.
Damit die Kohlenhydrate vom Blut in die Körperzellen gelangen können, wo sie dann für die Energiegewinnung final verstoffwechselt werden, muss Insulin produziert werden. Bei einer höheren Kohlenhydratkonzentration ist in der Regel auch die Insulinkonzentration höher.
Gleichzeitig hemmt Insulin aber auch den Abbau von Fett im Körper. Somit – so sagen es die Verfechter der 18:00-Uhr-These – wird vor allem nachts der Fettabbau verhindert und gerade in dieser Zeit, wenn wir wenig aktiv sind, kann das Fett sich besonders gut ansetzen.
2. These: Zu viele Kohlenhydrate machen dick.
Es gibt noch einen weiteren Effekt, der ähnlich wirkt: Kohlenhydrate werden als Glykogen in unserem Körper gespeichert. Es gibt dabei allerdings nur zwei Orte im Körper, die Glykogen aufnehmen können. Das eine ist die Leber und das andere sind unsere Muskeln.
Wenn wir jedoch sehr viele Kohlenhydrate zu uns genommen haben und die Glykogenspeicher schon gut ausgefüllt sind, wird die überschüssige Glukose (gespaltene Kohlenhydrate) nicht etwa wieder ausgeschieden, sondern in anderen Form im Körper gespeichert. Hierfür halten dann brav die Zellen des Fettgewebes her, die sogenannten Adipozyten. In was sie die Glucose speichern? Du ahnst es schon: Fett.
Wer trainiert, braucht Kohlenhydrate
Verzicht ist nicht immer gut. Gerade Menschen, die ihr Training beispielsweise berufsbedingt in die Abendstunden legen, sollten – auch danach – nicht komplett auf Kohlenhydrate verzichten. Klar, wer mehr Kalorien verbraucht als aufnimmt, der kann durchaus Fett reduzieren.
Wer sich allerdings trotz hartem Training strikt an eine Regel wie „nach 18:00 Uhr keine Kohlenhydrate“ hält, riskiert ein dauerhaftes Energiedefizit und mindestens Einbußen der Leistungsfähigkeit und in den schlimmsten Fällen sogar Schädigungen des Körpers.
Fazit:
Die 18-Uhr-Regel macht aus einigen Gesichtspunkten durchaus Sinn, aus anderen wiederum ist sie vollkommener Kokolores. Beide der oben aufgestellten Thesen haben durchaus ihre Berechtigung. In erster Linie möchten wir aber festhalten, dass unser Körper höchstwahrscheinlich nicht die Uhr lesen kann.
Er wird nicht direkt um Punkt 18:00 Uhr sagen: „Feierabend: Jetzt werden die Kohlenhydrate fein als Fett gespeichert.“ Entscheidend wird es nicht sein, ob du vor allem am Abend zu viele Kohlenhydrate zu dir nimmst.
Auch wenn der Körper im Schlaf den Grundumsatz herunterfährt, so werden nicht automatisch alle Stoffwechselvorgänge abgeschaltet. Es werden immer noch Kohlenhydrate verstoffwechselt und auch Fett abgebaut.
Entscheidend ist die Frage, ob du dich generell ausgewogen ernährst, zwar genug, aber nicht zu viele Kohlenhydrate zuführst und ob du genug Bewegung in deinem Leben hast.
Entscheidend ist auch, ob du deinen Insulinspiegel permanent hochhältst, indem du viele „leere“, also kurzkettige Kohlenhydrate wie Zucker oder Weißmehl zu dir nimmst oder ob du auch beispielsweise zu Vollkorkprodukten in deinen Ernährungsplan integrierst.
Wenn du auf das rechte Maß achtest, dann darfst du mit gutem Gewissen auch nach 18:00 Uhr noch zu Kohlenhydraten greifen.